Leistungserhöhung einer Peltonturbinenanlage: Machbarkeitsstudie und Druckstoßberechnung

Im Zuge von Revisionsarbeiten an einer Hochdruckwasserkraftanlage in den österreichischen Alpen wurden die Möglichkeiten einer Leistungssteigerung erhoben. Diese kann nur durch eine Steigerung des Ausbaudurchflusses erfolgen und eine Machbarkeitsstudie soll dabei klären, ob die bestehende Oberwasserführung dafür geeignet ist. Die Begrenzung der maximalen Wassermenge erfolgt dabei durch das gedrosselte Zweikammer-Wasserschloss, welches auch in einem „worst case“ - Szenario nicht überlaufen oder leergesaugt werden darf. Mit Hilfe von eindimensionalen transienten Strömungsrechnungen kann die gesamte hydraulische Kraftwerksanlage nachgebildet werden und die Auswirkungen des gesteigerten Anlagendurchflusses können untersucht werden.

Druckstoßberechnung: Numerisches Berechnungsnetzwerk der Oberwasserführung des Kraftwerks
Druckstoßberechnung: Numerisches Berechnungsnetzwerk der Oberwasserführung des Kraftwerks

Zusätzlich muss der Einfluss der Stollenreibung auf die maximalen Wasserschlossschwingamplituden untersucht werden, da hierfür widersprüchliche Angaben bzw. keine aktuellen Daten vorliegen. Eine weitere Aufgabenstellung ist die Definition von kritischen Lastfällen bzw. Betriebsweisen der Anlage, welche zu einer maximalen Aufschwingung des Wasserschlosses führen und somit die kritischste Situation darstellen.

Schematische Darstellung des Hydraulischen Systems
Schematische Darstellung des Hydraulischen Systems

Da das Wasserschloss der Anlage die begrenzende Anlagenkomponente darstellt und zusätzlich aufgrund dessen Bauweise erheblichen Einfluss auf das Instationärverhalten der Oberwasserführung hat, musste diesem Bauteil erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Um alle Strömungs- und Belastungszustände abzubilden wurde für das unsymmetrisch gedrosselte Zweikammer-Wasserschloss mit durchströmter Unterkammer ein eigenes Programmmodul entwickelt.

Druckstoßberechnung: Mehrmalige, zyklische Anregung des Wasserschlosses in Resonanz zur Eigenfrequenz des Triebwasserwegs
Druckstoßberechnung: Mehrmalige, zyklische Anregung des Wasserschlosses in Resonanz zur Eigenfrequenz des Triebwasserwegs

Eine Sensibilitätsanalyse für nicht-dokumentierte Wasserschlossparameter, wie etwa das Widerstandsverhalten beim Befüllen und Entleeren der Oberkammer, wurde durchgeführt um die Auswirkung dieser Parameter auf das Anlagenverhalten zu untersuchen.

Wasserspiegelschwankung im Wasserschloss nach Volllastabschaltung; Vergleich zwischen Messung und Rechnung
Wasserspiegelschwankung im Wasserschloss nach Volllastabschaltung; Vergleich zwischen Messung und Rechnung
Innendruck vor den Turbinen bei zyklischem Betrieb und nachfolgendem Resonanzdruckstoß
Innendruck vor den Turbinen bei zyklischem Betrieb und nachfolgendem Resonanzdruckstoß

Die Druckstoßberechnungen zeigten, dass eine Leistungssteigerung der Anlage um über 20 % unter geringen Einschränkungen, die den minimalen Speicherpegel betreffen, möglich ist. Zusätzlich wurde die Erkenntnis gewonnen, dass die bisherigen Annahmen zum Druckverlust im Triebwasserweg korrigiert werden müssen. Eine separat durchgeführte Anlagenmessung konnte die Simulationsergebnisse bestätigen, außerdem konnten durch diese Messung während des Betriebs der Anlage die außerordentlich exakten Berechnungsergebnisse des Wasserschlossmodells gezeigt werden.

Da die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie für den Auftraggeber sehr zufriedenstellend ausfielen, wurde das Institut in einer zweiten Etappe zusätzlich mit der Untersuchung der Druckstoßgefährdung der leistungsgesteigerten Anlagenkonfiguration beauftragt. Zu diesem Zweck wurde zunächst die Ist-Situation transient simuliert, um die bis dahin vorherrschende maximale Anlagenbelastung zu ermitteln und mit den Planungsunterlagen und den darin enthaltenen zulässigen Belastungen zu vergleichen. Das eigentliche Ziel war jedoch die Ermittlung bzw. Optimierung neuer Turbinenstellgesetze für die leistungsgesteigerte Anlagenkonfiguration. Optimierungsziel war dabei die Minimierung der Stellzeiten bei gleichzeitiger Beibehaltung bzw. Absenkung der maximalen Anlagenbelastung. Es konnte tatsächlich ein Stellgesetz gefunden werden, das um bis zu 48% (!) kürzere Schaltzeiten ermöglicht. Gleichzeitig konnten durch die neuen Stellgesetze die Anlagenbelastung beim Starten auf Volllast bzw. beim Abstellen der Anlage aus Volllast im Vergleich zur Ausgangssituation sogar geringfügig minimiert werden.